© Wilde Kaiserin
Ein Portrait über die musikalischen Wirtsleute Maria und Peter

Das ’stimmige Paar‘ der Steiner Hochalm

von Maria Kröll Erstellt am 21. Oktober 2017

für Genießer*innen

"Auf der Alm, jo do gibt's halt a Leben, dass es kein Schöneres könnt geben!"
So geht der Text eines alten Volkslieds aus Tirol. Peter und Maria Horngacher würden dem wohl aus ganzem Herzen zustimmen. Bei ihnen auf der Steiner Hochalm können Wanderer eine Rast einlegen, sich bei einem kühlen Getränk stärken, die Aussicht genießen und den Wirtsleuten beim Musizieren zuhören. Dass man da hin und wieder ein paar Minuten warten muss, bis ein Gstanzl zu Ende gesungen ist, das nimmt man gern in Kauf.

Auf rund 1.260 m liegt die Steiner Hochalm idyllisch über Scheffau. Von hier aus ist man den legendären Gipfeln und Steigen des Kaisergebirges ganz nah. Sie liegen quasi direkt vor der Haustür von Peter und Maria Horngacher. Zumindest im Sommer, denn da sind die beiden schon seit Anfang der 90er-Jahre stets hier heroben. Hier kümmern sie sich nicht nur um die Kühe, sondern betreiben auch eine kleine Almschank, die bei Einheimischen und Gästen sehr beliebt ist. Das liegt aber gewiss nicht nur daran, dass die Steiner Hochalm eine der letzten Einkehrmöglichkeiten vor den anstrengenden Gipfelanstiegen ist. Nein, die Hochalm ist immer einen Besuch wert, auch wenn es einen nicht weiter hinaufzieht. Besonders Musikanten wissen die Alm hier zu schätzen. Und das nicht nur wegen des herrlichen Ausblicks!

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Aufg’spielt

Grund dafür sind die Wirtsleute. Peter und Maria sind weitum als leidenschaftliche Musikanten bekannt. Seit Jahren singen die beiden gemeinsam, wenn sie sich auch bezüglich der Liedauswahl nicht immer ganz einig sind: „Meine Lieblingslieder sind mehr die Berglieder, der Peter mag die mit den zweideutigen Texten“, schmunzelt Maria. Ein Lächeln kann man sich auch kaum verkneifen, wenn die zwei einmal loslegen. „A Frau, die ging zum Doktor und jammerte und fleht ‚Herr Doktor, wenn i do hergreif tuat’s immer weh.‘ Do sog da guate Doktor, bist du ein dummes Vieh. Und wenns da nocha weh tuat, auft greifst hoid nimma hi!“ - ist da eines der harmloseren Gstanzl.

Eingespieltes Team

Spricht man mit den beiden, merkt man gleich - Musik ist ihre Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die sie verbindet, immerhin sind sie schon seit 1961 ein Paar, geheiratet haben sie dann 1965. Seitdem sind Peter und Maria unzertrennlich. Als sich Peter Anfang der 90er, nachdem er den Steiner Hof in Scheffau an die nächste Generation übergeben hatte, dazu entschloss, den Sommer über die hofeigenen Almen zu bewirtschaften, war klar, dass sie ihn dabei unterstützt. Anstrengend ist die Arbeit hier heroben auf alle Fälle. Besonders auf der Niederalm sind die Tage lang, dort ist er nämlich für 35 Tiere zuständig, die Stallarbeit zehrt da an den Kräften. „Solang ich das körperlich noch tun kann, werde ich es auf alle Fälle tun", betont der 77-Jährige, dessen Begeisterung für die Landwirtschaft ganz offensichtlich ist, aber mehrmals. Das ist einfach sein Leben. Oben auf der Hochalm ist es da schon etwas ruhiger. Hier sind sie ungebunden, wie Peter sagt. Von früh bis spät auf den Beinen sind die zwei trotzdem, die Stallarbeit, die Peter immer noch selbst erledigt, wartet nicht. Ist diese getan, haben die zwei nur eine kurze Verschnaufpause. Denn bald schon kommen die ersten Wanderer, die auf ihrem Weg eine kurze Rast auf der Steiner Hochalm einlegen wollen.

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Das gewisse Etwas

Bewirtet werden sie hier gut. Kühle Getränke, eine frische Milch und natürlich das für die Berge fast schon obligatorische Schnapserl warten auf die Besucher. Das, was die Steiner Hochalm aber von so vielen anderen Hütten und Jausenstationen im Alpenraum unterscheidet, sind ihre Wirtsleute. Denn für die zwei gehört die Musik zu einem geselligen Tag auf der Alm genauso dazu wie das Amen in der Kirche. Bei schönem Wetter wird den ganzen Tag musiziert und gesungen. Langeweile kommt da bestimmt nicht auf. Das Repertoire der beiden ist so groß, dass sie sich wohl wochenlang nicht wiederholen müssten. Ein paar hundert Lieder, die er im Kopf habe, würden es wohl schon sein, meint Peter im Gespräch. Übertrieben ist das gewiss nicht, eher im Gegenteil. Drei dicke Ordner voll hat er dicht an dicht mit Hand beschrieben. Alles Texte alter Volksweisen aus dem Alpenraum. Insgesamt hat er an die 15.000 Lieder zusammengetragen und gesammelt, teils stammen sie bereits aus dem 18. Jahrhundert. Ein wahrer Schatz, auf den auch schon das Volksliedarchiv in Innsbruck zurückgegriffen hat. Sein Interesse beschränkt sich dabei aber nicht nur auf Weisen aus der Region. Ob Südtiroler Lieder oder bayrische Gstanzl, sie alle haben es ihm angetan. Ganz besonders gefallen ihm aber Wiener Lieder: „Die sind zwar nicht so lustig, aber sie haben einen unglaublich guten Sinn, da steckt viel hinter diesen Texten.“ Doch wie merkt man sich so viele Lieder eigentlich? Alles Übungssache, wie Peter und Maria schmunzeln.

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Gerade Peter sieht das Texte lernen und im Kopf behalten fast ein bisschen wie eine sportliche Herausforderung, die fit hält. Dass er sich da keine Sorgen machen muss, zeigte sich vor einigen Wochen, als Besuch aus dem Pinzgau da war: „Das „Pinzgauer Blut“ hab ich schon lange nicht mehr gesungen. Da hab ich mir schon einmal gedacht, ob ich da wohl durcheinanderkomm. Aber wenn man sich etwas richtig eingeprägt hat, geht es schon gut.“ Übung haben die zwei auf alle Fälle genug. Besonders für Peter war Musik schon seit Kindheitstagen an wichtig. Mit 12 begann er bereits auf dem Flügelhorn zu spielen. Der damalige Kapellmeister der Scheffauer Musik wohnte nicht weit weg vom Steiner Hof und bemerkte das musikalische Talent des Jungen, gab ihm Unterricht. Richtige Musikschulen gab es damals ja noch kaum, zumindest nicht am Land: „Zu Allerheiligen haben wir mit dem Spielen angefangen, am 1. Mai waren wir Neuen schon als Mitglieder der Kapelle dabei.“ Zuerst noch ganz versteckt, in der hintersten Reihe der Musikanten, erst nach und nach, je besser er wurde, rückte er in seiner fast 50-jährigen Mitgliedschaft vor, bis er dann am Platz des 1. Flügelhorns angekommen war. Aber damit nicht genug, auch Gitarre und Harfe lernte Peter bereits in seiner Jugend - das meiste davon als Autodidakt: „Damals ist ein Zillertaler aus Gerlos ins Dorf gezogen. Der hat mitbekommen, dass ich Interesse am Harfespielen gehabt hab und hat mir ein paar Griffe gezeigt.“ Seitdem spielt er alles nach Gehör. Da macht ihm so schnell keiner etwas vor, auch wenn er nicht immer ganz korrekt nach Schule spielt - dem Schmäh und dem musikalischen Talent der beiden muss man erst einmal das Wasser reichen!

Fotonachweis: Wilde Kaiserin

Maria Kröll

Alpines Lebensgefühl im Tiroler Unterland - dafür steht Maria Kröll vom Magazin Wilde Kaiserin. Der Fokus liegt auf all jenen Themen, die die Menschen in den Kaiser-Gemeinden Tag für Tag bewegen und beschäftigen. Dabei ist die Redakteurin genauso vielfältig wie die Region: Mit Reportagen und Porträts in den Bereichen Land und Leute, Mode und Schönheit, Sport und Freizeit, Kunst und Kultur sowie gesellschaftlichen Events und Genuss bietet sie ihren Lesern und Leserinnen ein breites Spektrum an interessanten Geschichten.

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1 Kommentar(e)

Horst Lange

04.10.2021 - 20:50 Uhr

Wir waren am 30.09.2021 mit 8 Personen bei den beiden zu Gast. Da ich selber Musikant bin, hat mir das Repertoire von Peter und seiner Maria sehr zugesagt. Wir haben 2 lustige und unterhaltsame Stunden hier heroben verbracht und werden bestimmt wieder kommen. Liebe Grüße an Peter und seine Maria von den 8 Mittelfranken/Bayern

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